Anfang August feiern wir das Schnitterfest, auch Lughnasadh oder Lammas genannt. Ursprünglich wurde es am 8. Vollmond nach Yule
gefeiert, heute feiern wir es meist in der Nacht zum 1. August. Die Getreideernte hat in einigen Landesteilen schon begonnen, in anderen
steht sie in den Startlöchern.
Der August ist eine Zeit, in der wir die Fülle um uns herum ganz bewußt wahrnehmen können. Zur Sommersonnenwende haben wir es schon
gespürt, dass alles voll, reif und bunt wird.
Und jetzt ist alles am Ausreifen und Samenbilden, die Beeren, die ersten Äpfel und Birnen, das Getreide. Die Erntezeit können wir aber auch
übertragen, auf uns, auf unsere Projekte, auf die Ideen und Vorhaben, die wir als Samen zum Imbolc Fest in unserem Leben gesetzt haben.
Wenn wir uns zur Sommersonnenwende gefragt haben: Wird das noch etwas, wird das hier noch Früchte oder Blüten tragen, kann ich hier etwas
mitnehmen und ernten? Dann wissen wir es jetzt genau. Wenn etwas im August weder Blüten noch Früchte trägt, dann wird das in diesem
Jahr wohl nicht mehr passieren, das gilt im Außen, aber auch in unserem Inneren. Halte kurz inne, spüre hinein: Was waren deine Ideen,
deine Projekte, deine Frühlings-Samen? Sind sie voll erblüht, kannst du ernten, was du gesät hast? Oder kümmern sie nur so vor sich hin oder
sind die hoffnungsvollen kleinen Setzlinge des Frühlings schon wieder eingegangen, braun geworden oder vertrocknet?
Es gibt bei Aussaat und Ernte viele Faktoren, die einen Erfolg ausmachen und nicht alle davon liegen in unserer Hand. Ich kann dafür
Sorgen, dass genug Wasser da ist, meine inneren Pflanzen Dünger bekommen - ein Sturm, ein Hagelschauer, ein Blitzeinschlag - dagegen
kann ich nichts tun. Auch die äußeren Faktoren spielen für unsere erfolgreiche Ernte eine Rolle. Wenn etwas fruchtlos geblieben ist,
heißt es jetzt Abschied davon nehmen - Loslassen.
Dann wird es jetzt Zeit, etwas abzuschneiden. Wenn in diesem Jahr mit keinem Ertrag mehr zu rechnen ist: Schneide es ab! Kein Bild macht das
so klar wie dieses, sogar im Lenormand-Kartendeck steht die Sichel für ein Abtrennen, Abschneiden - manchmal ist es auch sehr schmerzlich.
Aber es ist nötig, wenn du unbelastet in den Herbst gehen willst. Konzentriere dich auf die Ernte, was hat funktioniert und was nicht?
Wo kannst du wachsen, dich verändern und wo nicht? Mit welchen Menschen ist Wachstum machbar und mit welchen nicht oder welche
Menschen und Umstände hindern dich sogar an deinem Wachstum? Trenne es ab, jetzt! Es ist keine Zeit mehr zum Zögern und es gibt
auch keinen Grund mehr dazu.
Denn das Jahresrad dreht sich weiter, die Dunkelheit nimmt zu - treffe jetzt deine Entscheidung. Triffst du sie nicht, treffen sie andere oder
das Leben trifft sie für dich und du findest dich vielleicht auf einem Weg, den du so nicht gehen oder nehmen wolltest, weil das Leben einfach
weiter läuft - ob du willst oder nicht, ob du soweit bist oder nicht.
Das Schnitterfest kann je nachdem, wie dein Jahr bisher gelaufen ist, zweierlei sein: Ein Grund zur Freude, denn die harte Arbeit hat sich gelohnt,
du kannst deine Früchte ernten und dich darüber freuen. Oder deine Pflanzen sind eingegangen, nichts hat funktioniert und du bist nicht
dahin gekommen, wo du hinwolltest. Dann wird es jetzt eine unbequeme Zeit der Entscheidungen. Vielleicht weißt du schon länger, dass
etwas entschieden werden muß und konntest dich einfach nicht entscheiden, hast die Entscheidung vor dir hergeschoben und wolltest es
nicht sehen. Aber nun mußt du dich entscheiden - heute - für dein Morgen.
Wichtig ist, sich einfach erstmal zu enscheiden, damit es weiter geht. Möglicherweise ist die Entscheidung falsch - aber du hast jederzeit
die Wahl, dich neu zu enscheiden, dich neu auszurichten.
Es ist auch eine Zeit, in der sich die Natur wieder merklich verändert, das Licht wird goldener, die Bäume beginnen ihren Rückzug von außen
nach innen. Meistens ist der August die heißeste und trockenste Zeit des Jahres, die Hundstage haben begonnen. Sie heißen so, weil der
Hundsstern (Alpha Canis Majoris), der Sirius jetzt morgens am Himmel aufgeht. Das Getreide wird reif und gelb-gold und ist nun erntereif,
die Brote aus dem ersten Erntemehl werden gebacken, die Heuballen liegen auf der Wiese zum Trocknen, in flirrender, goldener Hitze.
Warum sollten die Entscheidungen jetzt so schnell getroffen werden? Früher war das Ernten ein Wettlauf mit der Zeit. Das Getreide mußte reifen
und ein geeigneter Zeitpunkt mußte zur Ernte getroffen werden. Wurde es zu früh geerntet, war es eventuell noch nicht ganz ausgereift, erntete
man es zu spät, kam vielleicht ein Sommergewitter oder wie in manchem Jahr Hochwasser und die Ernte war in Gefahr oder zerstört. Früher hieß
das auch, man kam vielleicht nicht über den Winter, das Überleben hing von dieser Ernte ab. Das Ja oder Nein zur Ernte war risikoreich, egal,
wie man entschied.
Und auch wir wissen, bei Entscheidungen in unserem Innern, ein Ja zu etwas bedeutet meist ein Nein zu etwas anderem. Manchmal fallen uns diese Entscheidungen ganz leicht, manchmal wiegen sie schwer, so dass kaum eine Entscheidung getroffen werden kann - und doch ist sie nötig.
Das Wort Lammas kommt aus dem Angelsächsischen: hlaf-mass oder loaf-mas. Es heißt: Das Fest oder die Messe mit dem ersten, aus dem frisch
geernteten Getreide gebackenen Brotlaib (Loaf) oder auch das Fest der ersten Früchte. Es war der Auftakt der Erntezeit, die bis Ende September
weitergeht. Dieser Brotlaib war voll von spiritueller Kraft und für die Menschen etwas ganz Besonderes. Daher habe ich auch ein Brot gebacken,
mit vielen Kräutern, für die ich um diese Zeit dankbar bin. Und auch einen Wilden Sommer-Beeren-Wein mit Kamille hab ich angesetzt.
Der Begriff Lughnasadh stammt aus dem Keltischen und hängt mit dem Gott Lugh - dem Gott des Lichtes, dem Leuchtenden zusammen, denn die
Kelten verehrten das Licht und die Sonne, denn ohne Sonne kein Leben. Lugh ist der Mythologie nach der Sohn des Feuer-Gottes Bel, nach dessen
Name das Beltanefest benannt wurde. Man konnte Lugh nicht anschauen, denn er leuchtete so hell wie die Sonne. Das Fest an sich erinnert an
den Tod dieses Getreide- und Lichtgottes, er stirbt mit dem ersten Schnitt des Korns. Im Frühling in der Dunkelheit geboren, im Sommer gereift
und gewachsen, zum Herbst hin ist die Zeit, in die Dunkelheit zurückzugehen und zum Sterben. Im nächsten Jahr beginnt der Zyklus von neuem,
das unendliche Rad des Jahres dreht sich immer weiter und weiter. Etwas kommt, etwas geht - etwas muß gehen, damit etwas Neues kommen kann.
Und auch die dreifache Göttin, die im Frühling als weiße Jungfrau die Obstbäume wachgerüttelt hat, zur Sommersonnenwende als rote Mutter
und reife Frau über die Felder schreitet, geht jetzt als Schnitterin über das Land, entscheidet, was Leben und was Sterben muss. Sie sorgt für
das Gleichgewicht in der Natur und macht sich bereit für ihre Reise in die Dunkelheit, als schwarze Göttin des Winters Cailleach.
Es könnte also sein, wenn du keine Entscheidung triffst, du selbst die Sense nicht in die Hand nimmt, dass die Schnitterin dir die Entscheidung
abnimmt. Und das kann sehr schmerzhaft sein. Wähle also weise und mache dich in deinem Leben frei für das für dich Wesentliche.
Mehr zu Bräuchen, Pflanzen und Ritualen zum Schnitterfest findest du hier...