Ich glaube, ähnlich beliebt und berühmt wie das Gänseblümchen ist im Frühling auch das Vergissmeinnicht. Mit seinen filigranen Stengeln und
den zarten Blüten steht es auf den Wiesen und leuchtet blau vor sich hin. Ich habe überhaupt das Gefühl, dass es niemals soviele blaue Blümchen
gibt, wie im Frühling. Zahlreiche Legenden, Geheimnisse und Sagen ranken sich um das Vergissmeinnicht und auch im Englischen ist sein
Name: "Forget me not" und im Französischen "Ne m'oubliez pas." Aber kommen wir erstmal zu den Fakten, bevor ich in die Sagenwelt abtauche.
Das Vergissmeinnicht (Myosotis) gehört zu den Raublattgewächsen. Ca. 50 Arten gibt es von ihm, seine Ursprungsfarbe ist das schöne Blau,
allerdings gibt es auch Arten in Rosa- und Weißtönen. Auf den langen, von 20 bis 60 cm hohen Blütenstielen thronen die Blüten mit dem gelben
Auge. Diese beginnen im April mit ihrer Blütezeit, die bis in den Juni hinein reicht. Andere Namen sind Blaue Blume, Blauer Himmelsschlüssel,
Blauer Augentrost und Schatzblume.
Es gibt das Wald-Vergissmeinnicht (Myosotis sylvatica), das ist unser "normales" blaues Vergissmeinnicht. Dieses wächst gerne an Weges- und
Waldrändern, besitzt zuerst eine rötliche Krone und verfärbt sich dann ins blau, es hat 6-10 mm große Blüten.
Das Sumpf-Vergissmeinnicht (Myosotis palustris, scorpioides) liebt feuchte Füße und steht gerne an Bachrändern oder Teichen, in Gräben oder
Auwäldern und besitzt ebenso 6-10 mm große Blüten, anfangs sind seine Blütenstände eingerollt.
Das Acker-Vergissmeinnicht (Myosotis arvensis) steht gerne auf Äckern zwischen Getreide, auf Schuttplätzen und anderen Ödflächen, die Blüten
sind nur 2-3 mm groß, trichterfömig und hellblau.
Dann gibt es noch das weiße Rasen-Vergissmeinnicht (Myosotis laxa), das Sand-Vergissmeinnicht (Myosotis stricta), das Alpen-Vergissmeinnicht
(Myosotis alpestris) und das Bunte Vergissmeinnicht (Myosotis discolor), bei dem lila und gelbe Blüten an einer Pflanze wachsen.
Das gelbe Auge des Vergissmeinnicht färbt sich übrigens nach der Bestäubung weiß. Gelb signalisiert Nahrung für Bienen und Hummeln und andere
kleine Bestäuber, nach der erfolgreichen Bestäubung verblasst das Gelb und wird zu weiß. Das ist übrigens auch bei vielen anderen Blumen so,
z. B. bei den Blüten der Rosskastanie.
Das Gedenkemein oder Frühlings-Nabelnüsschen (Omphalodes verna) sieht fast aus wie das Vergissmeinnicht, aber das innere Auge ist nicht gelb,
sondern weiß, die Blütenfarbe eher himmelblau und die Blätter sind eher etwas ei-förmig. Es ist eine reine Zierpflanze.
Auch ein wenig ähnlich reiht sich der Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys) in die blauen, zarten Frühlingsblümchen ein, er wird auch Wildes Vergissmeinnicht genannt, gehört aber nicht zu der Vergissmeinnicht-Familie, obwohl auch er hübsch anzusehen ist und früher viel als Heilpflanze
genutzt wurde. Aber zurück zum Vergissmeinnicht.
Der Name Myosotis stammt aus dem Griechischen und besitzt 2 Wortteile: „Mus“ und „otis", was zusammengefaßt Mausohr oder Mäuseöhrchen
bedeutet. Dies geht wohl auf die Form der Blätter zurück, die aussehen wie Mauseöhrchen. Die oberen Pflanzenteile des Vergissmeinnicht sterben
zum Winter hin ab, es sät sich aber gerne selbst aus und so vermehrt es sich fröhlich da wo es steht, so dass nach mehreren Jahren viele Grüppchen
dieser Pflanze dort stehen.
Obwohl das Vergissmeinnicht eine Heilpflanze ist, wird es mittlerweile kaum noch zur Behandlung genutzt, ja- meistens findet es in Heilpflanzen-
büchern überhaupt keine Erwähnung mehr. Aber es kann mehr, als hübsch auszusehen und wird noch in der Homöopathie genutzt.
Es wirkt entzündungshemmend, zusammenziehend, beruhigend und kräftigend, es enthält Gerbsäuren, Rosmarinsäure, Alkaloide (sehr gering)
und Kalium. Es enthält aber auch Pyrrolizidinalkaloide, ähnlich wie Huflattich, Borretsch und Beinwell. Schädlich sind nicht die Stoffe selber sondern
deren Metabolite. Diese schädlichen Abbauprodukte werden überwiegend in der Leber gebildet und wirken dort dann auch lebertoxisch. Allerdings
verwenden viele Menschen immer noch Beinwell und Co. und ich gehe nicht davon aus, dass man von einigen Blüten oder Blättern des
Vergissmeinnicht gleich einen Leberschaden davon trägt.
Ob man es also verwenden möchte oder nicht, oder ob man sich einfach der schönen Farbe auf Feld und Wiese erfreuen möchte, muß jeder für
sich selbst entscheiden. Eingesetzt kann es werden bei Erkrankungen der Lymphe, bei Haut-, Augenentzündungen (daher der Name Augentrost)
und Darmentzündungen, bei Quetschungen und Nasenbluten, bei Erkältung und Lungenproblemen und zur Kräftigung nach überstandenen
Krankheiten. Genutzt wird das blühende Kraut als Tee, als Tinktur in der Homöopathie und als Umschlag, Waschung oder Bad.
Die Bedeutung in der Blumensprache erklärt sich - glaube ich - im Namen selbst. In den Zeiten, als das Leben noch von Jungfrauen und ihren
Ritterhelden wimmelte, erhielt dieses blaue Blümchen seine Bedeutung. Es steht als Symbol für ewige Treue und Liebe. Ein Ritter pflückte einst für
seine Geliebte einen blauen Blumenstrauß und fiel dabei ins Wasser. Während er von seiner schweren Metallrüstung in die Tiefe gezogen wurde,
rief er vor dem Ertrinken seiner Geliebten zu: "Vergiss mein nicht!" Und er warf ihr den Blumenstrauß zu. So kam das Vergissmeinnicht zu seinem
Namen. Und es stand seitdem für einen liebevollen Abschied mit der Sehnsucht und der Hoffnung auf ein Wiedersehen. Ein Kranz aus
Vergissmeinnicht um den Hals des Geliebten gelegt stand für die "Ketten der Treue".
Und auch im alten Griechenland gab es das Vergissmeinnicht. Zeus war gerade dabei allen Blume Namen zu geben und lief an der kleinen, blauen
Blume vorbei. Da rief sie ihm hinterher: Vergiss mich nicht! Und so gab Zeus ihr ihren heutigen Namen.
Als ich Kind war, war ich noch stolzer Besitzer eines Poesie-Albums (gibt es das heute noch?). Und ich weiß noch ganz genau, dass 2 Sprüche darin
standen: Freundlich blüht an stiller Quelle in des Mondes Silberlicht eine Blume, zart und helle und die heißt Vergissmeinnicht. Und der andere
war: Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken, aber nur die eine nicht, und die heißt: Vergissmeinnicht!
Eine Legende sagt: Das Vergissmeinnicht konnte sich nach der Erschaffung der Welt einfach seinen Namen nicht merken. Es war einfach zu vergesslich
und so gab ihm der Erschaffer den Namen: Vergissmeinnicht. Spannend ist, das sogar im Japanischen die Pflanze "Das nicht vergessende Gras" heißt
und im Chinesischen "wu wang cao"- "Nicht-Vergessen-Kraut". In Deutschland hat man früher statt einer Mahnung an zahlungsunwillige Kunden
Vergissmeinnicht-Sträußchen verschickt. Ich finde, dass sollte man wieder aufleben lassen:). Dann würde ich öfter mal eine Zahlung ausfallen lassen.
Auch ist das Vergissmeinnicht eine Elfen-Pflanze: Es beschützt einen vor dem Elfenzauber und man kann mit ihm verborgene Schätze finden, die
von Zwergen und Elfen bewacht werden. Der Name Blauer Himmelsschlüssel spricht ebenfalls dafür, dass man mit ihm Schätze finden und
die Höhlen, in denen Schätze versteckt waren, mit ihm öffnen konnte (ähnlich wie bei der Primel oder wie bei der Echten Schlüsselblume).
Dazu sollte man sich ein Sträußchen Vergissmeinicht an den Hut stecken, setzte man den Hut ab, verschwand der Eingang und der Schatz
und man konnte ihn nie wiederfinden.
Das Vergissmeinnicht gehört auch zu den geheimnisvollen "Blauen Blumen". Ähnlich wie die Wegwarte oder die Kornblume ist sie ein Symbol
der Romantik, der Liebe und Sehnsucht, auch nach der Freiheit und der Ferne. Ob bei Novalis, über Goethe, Franz Schubert, E. T. A. Hofmann,
ob in der Literatur, der Malerei oder der Musik - Sehnsucht, Erfüllung und Liebe spielen dort über das Symbol einer blauen Blume eine Rolle.
Man blieb vor Schaden aller Art bewahrt, wenn man zu Sommer-Johanni (24.6.) mit 3 Spatenstichen ein wildes Vergissmeinnicht ausgrub.
In der Walpurgisnacht konnte man es für ein Liebesorakel nutzen. In der Nacht zum 1. Mai, also zu Beltane sollte man etwas Erde auf einen
Stein geben und zwei Vergissmeinnicht darauf pflanzen. Wuchsen die Pflanzen auseinander, würde man sich trennen, wuchsen sie aufeinander zu,
würden sich die beiden treu bleiben und /oder bald heiraten.
Räucherte man mit Vergissmeinnicht, konnte man damit Dämonen vertreiben, die die Kinder unruhig schlafen ließen. Auf jeden Fall kann es die
Intuition fördern (Stirnchakra) und den Eingang zum Unterbewussten freilegen.
Die Blütenessenz des Vergissmeinnicht hilft bei Mangel an Spiritualität, ist hilfreich für die geistige Erweiterung, man wird sich besser seiner
Fähigkeiten bewußt, und es hilft bei Erinnerung, Unkonzentriertheit und beim Fassen klarer Gedanken.
Und noch eine letzte Geschichte zur blauen Schatzblume: Einst wanderte ein junger Mann durch das Land. Dabei begegnete er der Frühlingsgöttin
Ostara, die ihm eine wunderschöne, blaue Blume schenkte. Als er zufällig damit einen Felsen berührte, öffnete sich eine Tür im Fels und gewährte
ihm Einlass in den Berg. Ostara rief noch: Vergiss das Beste nicht! Doch er sah nur die kostbaren Edelsteine und das Gold, dass vor ihm auf dem Boden
lag. Er stopfte alles, was er tragen konnte in seine Taschen und verließ die Höhle, ohne darauf zu achten, die kleine, blaue Blume mitzunehmen.
Da schloss sich die Tür des Berges für immer hinter ihm. Das Beste - das Vergissmeinnicht, lag noch in der Höhle und so konnte es ihm nie
wieder die Tür in den Schatzfelsen öffnen.
Ganz egal, ob man es nutzt oder wie man es nutzt, ob man damit Schätze findet oder Liebeszauber webt: Ich persönlich freue mich immer über
den Anblick blauer Frühlingsblumen und ich liebe ganz besonders das zarte, fröhliche Vergissmeinnicht.